die Idee des Investmentsparens

Wir schreiben das Jahr 1924. Langsam hat sich Deutschland von der im vergangenen Jahr zu Ende gegangenen Hyperinflation wieder erholt. Die Menschen zieht es raus in die Städte, es wird wieder etwas konsumiert und an der ein oder anderen Stelle auch gefeiert.

Die Ostküste der USA ist schon einen Schritt weiter, dort herrscht richtige Aufbruchstimmung. In den Straßen von Boston spielen Jazz- Bands in rauchigen Clubs. Die Menschen tanzen Charleston, Automobile rattern über das Kopfsteinpflaster. Die Hauptstadt von Massachusetts pulsiert im Rhythmus einer neuen Ära. Doch hinter der glitzernden Fassade der damaligen Dekade, der Historiker später den Beinamen “ Goldene Zwanziger“ gaben, gab es unübersehbare Nebenwirkungen.

Während die Reichen ihre Vermögen an der Börse vermehren konnten, blieb den meisten Menschen diese Möglichkeit verwehrt. Die wenigen verfügbaren Fonds haben meist hohe  Mindesteinlage- Grenzen, und sind damit für Normalbürger nicht realisierbar. Immer mehr öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich, und auch zwischen Unternehmen und privaten Investoren. In dieser Gemengelage schreit es förmlich nach neuen Lösungsansätzen.

Edward Leffler verkauft Alluminiumpfannen. In dieser Zeit sitzt er oft bei Menschen am Küchentisch, die ihm von ihren Sorgen und Nöten berichten. Von Gespräch zu Gespräch wird immer  klarer, dass auch sie Zugang zu den Chancen der Geldvermehrung erhalten sollten- dem Aktienmarkt. Sein Traum: Ein so genannter „Publikums- Fonds“. Der soll täglich neue Anteile ausgeben und jederzeit faire Rückgaben ermöglichen und für alle geöffnet sein. Ob arm, reich, egal welcher Bildungsschicht, Herkunft, oder Beruf. Für seine Zeitgenossen eine abentuerliche, ja geradezu revolutionäre Idee. Leffler hatte 3 Jahre gebraucht um seine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Zusammen mit einem Bostoner Brokerunternehmen gelingt es ihm: am 21. März 1924 gründen Leffler, Charles Learoyd und Hatherly Foster Jr. den „Massachusetts Investor Trust“ (MIT). Er gilt als der erste Publikums- Fonds der Welt und ist der Beginn einer neuen Ära, die die Geldanlage bis heute prägt- nicht nur in Boston, sondern weltweit.

Die Firma, die aus der diese Idee entstand heißt heute MFS( Massachusetts Financial Services) und residiert immer noch in Boston. Lefflers damaliger Fonds startete mit 50.000 USD. In nur 5 Jahren wuchs er auf 14 Millionen an. Trotz des dann folgenden Börsencrashs von 1929 , wo es um 83 % runter ging, anschließender Krisen und Kriselchen, und dem zweiten Weltkrieg wird er 1959 der größte Fonds der USA.

Die Finanzwelt hat sich in 100 Jahren komplett verändert, und ist doch die selbe geblieben. Allein in der Bundesrepublik Deutschland sind inzwischen mehr als 14.000 Fonds zugelassen ( Stand Sommer 2025), die insgesamt knapp 4 Billionen € verwalten. Die derzeitige Chefin der MFS erhielt vor einiger Zeit einen Anruf, der sie tief bewegte; eine 85- jährige, ehemalige, Lehrerin rief sie an,berichtete ihr, dass sie 1962 von ihrer Mutter zwei Fonds geerbt hatte. Ihre Mutter hatte ihr eine Weisheit mit auf den Weg gegeben : “ Du musst nicht viel Geld haben, nur Zeit.“ Diese Botschaft hatte sich ausgezahlt; nach dem sie ein Leben lang behinderte Kinder unterrichtet hatte, konnte sie einen sorgenfreien Ruhestand genießen.

Wer bei Gründung des Fonds 10.000 US Dollar investiert hätte, hätte zum 100- jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr ein Guthaben von 68,5 Millionen auf dem Konto gehabt.

Trotz allem was auch in den letzten Jahrzehnten passierte; Ölkrise, Inflation, 11. September, Corona, Zölle:  so erschreckend manche Ereignisse auch sind und waren: wir sollten uns nicht von kurzfristigen Entwicklungen steuern / beeinflussen lassen.

Wir müssen nur breit gestreut investieren, und investiert bleiben. Mindestens mehrere Jahre, oder Jahrzehnte sind der  deutlich bessere Gradmesser, als die nächsten Monate oder das nächste Jahr. Davon sollten wir uns nicht beeindrucken lassen ; und auch nicht von selbst ernannten Experten, die behaupten den Rauch zu sehen, bevor das Feuer ausbricht.